12 heilige Nächte - die Rauhnächte

ein wenig über die Ursprünge der Zeit "außerhalb der Zeit"

„Sagenumwoben, mystisch, geheimnisvoll: die Rauhnächte - zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag - eine Schwellenzeit, in der Dunkel und Licht, Altes und Neues, Vergänglichkeit und Ewigkeit ineinander fließen….was uns in den Rauhnächten umtreibt, sind die universellen Themen, denen wir mit verschiedenen Ritualen begegnen:

Was bedeutet es, in der Welt zu sein? Was soll ich tun? Was ist meine Bestimmung?

Jede Kultur hat Wege gefunden, sich mit diesen Fragen zu beschäftigen. Die Tradition der Rauhnächte ist ein Weg.”

(Valentin Kirschgruber)

Die Rauhnächte – zwölf heilige Nächte

Valentin Kirschgruber spricht mir aus dem Herzen. Die Rauhnächte sind natürlich nicht der einzige , aber dennoch ein besonderer Zeitraum, um sich mit den universellen Themen des Lebens zu befassen. Im Alpenraum werden sie seit jeher als Tradition gepflegt. Die zwölf Nächte sind durchwoben von Ritualen, Räucherungen, Märchen, Mythen und Brauchtum. Sie sind für mich im Jahreskreislauf ein kostbarer Zeitraum des Innehaltens und der Introspektion.

Aber beginnen wir ganz von vorne…

Unsere Vorfahren und Ahnen orientierten sich an der Natur: dem Lauf des Mondes und der Sonne. Das Leben wurde somit nicht durch Uhren oder künstliches Licht getaktet, sondern vom Wechsel der Jahreszeiten und der Natur. Der Wandel der Natur wurde in Jahreskreisfesten gefeiert und gewürdigt. Von den Kelten und Germanen sind nur wenige schriftliche Überlieferungen vorhanden, vieles wird aus zweiter Hand (z.B. römischer) berichtet und ist somit auch gefärbt. Als das Christentum sich ausbreitete, wurden hierzulande alte keltische oder germanische „heidnische“ Feste einverleibt und manch Brauchtum oder Tradition, lässt sich aus diesem ursprünglichen nicht-christlichen Kontext erklären. Unabhängig davon, ob man nun christlich geprägt ist oder nicht: die Jahreskreisfeste, wie auch die Rauhnächte, laden ein, zurück zu unseren Wurzeln zu finden. Wir können mit dem bewussten Begehen der Jahreskreisfeste sowie der zwölf heiligen Nächte zum Jahreswechsel die Zyklen und Kreisläufe, die unsere Tage, Jahre und letzten Endes unser ganzes Leben durchziehen und auszeichnen würdigen – unabhängig vom kulturellen Hintergrund.

In stetigen Schritten nähern wir uns nun dieser mystischen Zeit außerhalb der Zeit. Die Tage werden nun deutlich kürzer bis wir am 21.12. - am Tag der Wintersonnenwende - die längste Nacht bzw. den kürzesten Tag des Jahres feiern dürfen. Die Dunkelheit scheint (fast) die Vorherrschaft zu übernehmen und doch ist die Wintersonnenwende der Wendepunkt in der dunklen Jahreszeit - auch wenn es nicht sofort spürbar ist: nun nimmt die Kraft des Lichtes wieder zu. Am 24.12. (manche beginnen am 21.12.) tauchen wir in die Schwellenzeit der Rauhnächte ein. Warum sind es genau 12 heilige Nächte? Die Lücke vom Mondjahr (354 Tage) zum Sonnenjahr (365 Tage) umfasst genau 11 Tage und 12 Nächte. Daher sagt man, dass die Rauhnächte weder den Gesetzen des Mondes noch denen der Sonne unterworfen sind. Sie laden uns durch die Stille im "außen" ein, inne zu halten, aus dem Kopf ins Herz zu finden und zu lauschen. Es geht um Verbindung oder vielmehr Rück-Verbindung. Bewusstheit. Präsenz.

Die dunkle Jahreszeit und die Rauhnächte sind aber nicht nur eine Zeit des Rückzugs, der Introspektion, des Räucherns und Orakelns, sondern auch eine Zeit der Geschichten, Märchen und Mythen. Früher als es bei uns noch keinen Strom, kein fließend Wasser, keine Zentralheizung gab, saßen die Menschen in den langen Nächten nah beisammen, wärmten sich am gemeinsamen Feuer in der Stube. Die Wände waren oft nicht so gut gedämmt wie heutzutage. Man erzählte sich Geschichten, um die Seelen zu wärmen und von ihnen zu lernen. Weisheiten wurden so von Generation zu Generation weiter getragen. Wenn wir offen sind und mit dem Herzen lauschen, können uns diese Märchen und Mythen tief berühren oder gar verwandeln.

So ist die Zeit der Rauhnächte eine weitere kostbare Möglichkeit der Wandlung und Erneuerung. Es geht nicht darum das Räuchern oder jedwedes anderes Ritual zum Dogma zu erheben oder sich ein neues Korsett daraus zu schmieden. Rituale sind kostbar, aber das Essentielle liegt im Inhalt geborgen und nicht im "äußeren" Tun. Wenn auch unser äußeres Tun sehr klar das Innere wieder spiegelt.

Die Wolfsnächte, wie sie auch genannt werden, sind für mich eine kostbare Zeit des Rückzugs. Wenn die Natur im Winter ruht, inspiriert es mich es ihr gleich zu tun. Diese innere Einkehr bedeutet nicht, dass ich mich von der "äußeren Welt" abwende oder sie "ignoriere", im Gegenteil. Ich wende mich auf diese Weise dem Leben wirklich und wahrhaftig zu - aufmerksam, hingebungsvoll und offen. Auf dem spirituellen Pfad geht es letzten Endes genau darum: sich in jedem Augenblick dem Leben ganz und gar hinzugeben. DA zu sein. Geschützte achtsame Räume des Übens sind wertvoll, wenn nicht sogar essentiell, um diese Qualitäten in uns zu verankern. Die Rauhnächte sind ein Pfad um heilsame Samen in uns zu nähren und in unser Leben zu integrieren. Wenn wir diese dann im Alltag beständig pflegen, können sie zu wundervollen Pflänzchen oder gar Bäumen heranreifen...

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Kosan

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