So langsam werden die Tage länger, die Sonne stärker, die ersten Spuren frischen Grüns draußen sichtbar – der Frühling steht schon in den Startlöchern. Und wer würde sich nach langen, dunklen Wintermonaten nicht nach einer belebenden Frischekur sehnen, die die Kräfte stärkt und die Lebensgeister weckt?
Eine Pflanze, die uns genau dabei behilflich sein kann, ist die Brennnessel (Urtica dioica) – seit jeher bekannt als alte Heilpflanze und enge Begleiterin der Menschen, die es sich oft in unserer Nähe, beispielsweise in einem schattigen Garteneckchen, gemütlich macht.
Auch an Waldwegen, Böschungen und Schuttplätzen ist sie oftmals anzutreffen. Und gerade auch an Orten, die von uns Menschen verschmutzt worden sind, kann man sie antreffen. Vielleicht ist sie bisweilen deshalb zu Unrecht als Unkraut in Ungnade gefallen? Tatsache ist: Wir können froh sein, eine solche Lebenskünstlerin und Allrounderin in unserer unmittelbaren Nähe zu haben und von ihrer Vielseitigkeit zu profitieren.
Sie gehört zu den Nesselgewächsen (Urticaceae), ist zweihäusig und lässt sich vom Frühjahr bis Herbst sammeln – die jungen Blätter und Wurzeln sind von Frühjahr bis Herbst zu verwerten.
Dabei heißt es achtsam und mit dem richtigen Griff zupacken, sonst zieht man sich die beißenden und brennenden Quaddeln zu, die ihre sogenannten Brennhaare auf unserer Haut
hinterlassen: Am besten funktioniert das mit einem beherzten Griff mit der hohlen Hand von unten nach oben im Bereich der jungen Blätter. Die Brennnessel ist eben eine wehrhafte Pflanze – und sie möchte mit Sorgfalt behandelt werden.
Lohnenswert für uns Menschen ist das allemal, wie ein Blick auf ihre vielseitigen Einsatzbereiche und Qualitäten zeigt:
So wirkt sie unter anderem harntreibend und stoffwechselfördernd, weswegen sie traditionell seit langer Zeit bei Harnwegsproblemen eingesetzt wird. Auch bei rheumatischen Beschwerden und Prostataproblemen wird sie gerne zur Hilfe genommen. Ihr hoher Eisengehalt macht sie zudem zu einer guten Begleitung und Unterstützung bei der Behandlung von Eisenmangel.
Köstlich eingesetzt werden kann sie in der Küche: von Salat und Suppe bis hin zum gekochten Spinat ergibt sie eine würzige, belebende und aromatische Speise. Die Fähigkeit zum „Brennen“ verliert sie übrigens beim Kochen, also kann sie hier ohne Bedenken verwendet werden. Die Samen lassen sich unter anderem im Salat verwenden. In Form einer Frühjahrskur wird sie wegen ihrer vitalisierenden Wirkung gerne genommen.
Da verwundert es nicht, dass die Allrounderin eine Vielzahl von Mineralien und Vitaminen wie Vitamin C, A, Kalzium, Natrium und Kieselsäure etc. enthält – eine wahres Multitalent also, das uns in den verschiedensten Bereichen unterstützen kann. Profitieren können wir von ihrer Kraft, indem wir sie beispielsweise als Tee, Saft oder Tinktur zu uns nehmen, aber es gibt noch viele weitere Anwendungsmöglichkeiten.
Und abgesehen von ihrem Nutzen bei Einnahme ist sie uns auch im Garten oder bei der Arbeit mit Textilien eine Hilfe: Ihre zähen Fasern wurden lange Zeit bei der Herstellung von Stoff verwendet, und man kann aus ihr einen natürlichen Farbstoff gewinnen. Bekannt ist auch die Brennnessel-Jauche, die als natürliche Düngung im Garten ausgebracht werden kann. Zudem ist sie eine wichtige Futterpflanze für viele Schmetterlingsarten und trägt so zum Erhalt der Artenvielfalt bei.
Ist es da nicht seltsam, dass immer noch viele Menschen diese wunderbare Pflanze aus ihren Gärten verbannen möchten? Tatsächlich hat die Brennnessel uns so viel Gutes zu bieten, dass wir dankbar für ihre Anwesenheit sein können.
Geht man nun im März nach draußen ins Grüne, kann man die jungen Brennnesseln mit ihrem frischen Grün schon hervorspitzeln sehen – jedes Jahr aufs Neue wieder ein wunderbarer Anblick, der das Frühjahr und den Neubeginn in der Natur einläutet.
Eure Kräuterpädagogin Kathi
Quellen:
Bühring, Ursel: Lehrbuch Heilpflanzenkunde. Grundlagen – Anwendung – Therapie. Karl F. Haug Verlag Stuttgart. 5. überarbeitete und erweiterte Auflage. 2021.
Fischer-Rizzi, Susanne: Medizin der Erde. Heilanwendung, Rezepte und Mythen unserer Heilpflanzen. AT Verlag AG, Baden und München. 9. Auflage 2021.
Hirsch, Siegrid und Grünberger, Felix: Die Kräuter in meinem Garten. Freya Verlag. 24. Auflage. 2021.
Danke, liebe Kathi, für diesen wunderbaren Gastbeitrag über die Brennnessel - ich liebe sie sehr.
Herzlich